„Bleiben Sie ängtslich!” lautet die Devise im Boot-Camp für Bedrohte im Bunker im Josefstädter Schönbornpark. Diente die 1940 im Zuge von Hitlers „Führer Sofortprogramm” errichtete Anlage, einst der Zivilbevölkerung als Schutz vor den Bombenangriffen, so fungiert sie aktuell (noch bis 12. Mai) als Ausbildungszentrale des „Österreichischen Archivs der Angst (kurz: ÖAA)”. Auf dem Programm für den interessierten Theatergast/Anwerber des ÖAAs steht eine Erkundungstour durch die 44 unterirdischen, mit viel Liebe zum Detail neugestalteten, ehemaligen Schutzräume. Hinter jeder Tür gibt es, nach dem Geisterbahnprinzip, etwas Neues zu erleben: Die Palette reicht von der Hörstation „Sound of Austria” übers Fotografieren mit rot-weiß-roter Fahne bis hin zum – mittels elektronischem Türöffner ausgeführten – Abwehrtraining gegen lästige Einlassbittende. Eingeteilt in kleine Gruppen wird man zudem dazu angehalten, an kurzen Schulungen und Workshops teilzunehmen. Unterhaltsames bietet vor allem, der zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls angebotene Tanzkurs sowie ein kurzer Einführungskurs im Fischen. Ist Österreich erst einmal von der restlichen Welt abgeschnitten ,heißt es sich mittels Angelrute und Gärtnerausrüstung selbst zu versorgen. Glaubt man den Ausführungen einer der Schauspieler, dürfte spätestens dann auch die Unisex-Toilette Geschichte sein. Hüten sollte man sich generell vor dem Binnen-I und zu viel Mitgefühl mit anderen. Man denke zu allererst an sich selbst. Österreich soll zum Inselstaat umfunktioniert werden.

Das alles klingt komisch, gestaltet sich tatsächlich betont unterhaltsam, wäre die dahinter stehende Entwicklung des erneuten Aufkeimens des Nationalismus in Europa nicht so beängstigend. Doch das Tragische in humoristischer Art zu beschreiben zählt zu einer der Stärken des Performance-Kollektiv „Toxic Dreams”. Von unter anderem Shakespears Hamlet über King Kong und Kennedy bis hin zu Bertolt Brecht haben sich Yosi Wanunu und Cornelia Klinger seit des Bestehens der Off-Gruppe 1997 in über 80 Eigenproduktionen bereits angenommen. Die aktuelle Produktion wurde vom gleichnamigen Gedicht „Warten auf die Barbaren” des griechischen Lyrikers Konstantinos Kavafis inspiririert. Im Gedicht geht es um einen Staat, der zum Stillstand gekommen ist, weil die Bevölkerung auf das Eintreffen der Barbaren wartet. Das Werk stammt aus dem Jahr 1904 und hat nichts an Aktualität eingebüßt. Denn wie heißt es doch am Schluss, nachdem die Barbaren ausgeblieben sind: „Was sollen wir ohne Barbaren tun? Diese Menschen waren immerhin die Lösung.“

Die Performance-Installation ist Teil des Programms „before it gets better …“ im Volkskundemuseum Wien, das bis zur im Herbst 2024 beginnenden Generalsanierung des Museumsgebäudes rund 100 Veranstaltungen bietet.

Warten auf die Barbaren
mit Barca Baxant, BitteBitteJaJa, Vladimir Cabak, Shabnam Chamani, Tom Crawley, Nina Fog, Susanne Gschwendtner, Paul Horn, nurarchitektur (Peter Leeb + Christina Condak), Robert Pfaller, Roland Rauschmeier, Florian Tröbinger, Peter Stamer, Michael Strohmann, Yosi Wanunu, Charlotte Zorell

Volkskundemuseum Wien
Laudongasse 15–19
1080 Wien

Weitere Termine:
10. Mai 2024 um 19.00 und 21:00 Uhr
11. Mai um 16.00, 18.00 und 20.00 Uhr
12. Mai um 11.00 und 13.00 Uhr
Karten unter: https://www.volkskundemuseum.at

Tietelbild: Warten auf die Barbaren. Eine Performance-Installation im Luftschutzbunker. By toxic dreams. Foto: Kollektiv Fischka / Kramar © Volkskundemuseum Wien

Geschrieben von Sandra Schäfer